zurück zum Salon
05.10.2010 - 04.11.2010 "heiß/kalt"


Malerei/Collage von

Waltraud Ehrlich-Schmidt

kalt

Sind die Landschaften, die Waltraud Ehrlich-Schmidt auf Leinwänden nach Eindrücken einer Grönlandreise entstehen ließ, schön? Schwarz-graue Landmassen, rau und zerkratzt; Uferkonturen, zerklüftet von den stetigen Wechselkräften zwischen Land, Eis und Wasser. Eisberge und -schollen die langsam und zäh im stechenden Türkis des Meeres treiben, um bald in einer Eisdecke zu erstarren. Inmitten dieser lebensfernen Natur ein Konstrukt aus Holz von Menschenhand geschaffen, ein Seil, das sich blick- und wegabsperrend über die Fläche spannt, ein Stück Stoff, das dem Wind preisgegeben ist, in den schwarz-grauen Farben schon mit der Umgebung verschmolzen.

Sind diese Landschaften schön? Ein kurzer erstarrender Schrecken könnte sich ausbreiten beim Anblick dieser polnahen Randzonen, in denen unser zivilisatorischer Blick an der Unwirtlichkeit der Natur abprallt und gerade dadurch fasziniert haften bleibt. Es entsteht das Bedürfnis, das Gesehene ästhetisch zu erschließen und begreifbar zu machen. Das spannungsvolle Verhältnis zwischen der abweisenden Landschaft und der zu entdeckenden vielschichtigen Strukturierung des Bildes, die durch Collagetechniken zu einer sanften Plastizität gewachsen ist, hält den Blick und die daraus entstehende sinnliche Erfahrung im Bann des Erhabenen, das nicht mit dem Wohlgefälligen, dem Schönen zu beschreiben ist, sondern eher mit einer auch Angst beinhaltenden Naturerfahrung.

Scheinen die Grönlandbilder zuvorderst jenes Erleben der Naturgewalten zu thematisieren, so klingt in ihnen noch ein weiterer Aspekt an, der sich mahnend in dem absperrenden Seil verdeutlicht. Die Unterwerfung der Erde durch die Technologie des Menschen macht auch in jenen, für das Individuum unwirtlichen Gegenden nicht Halt. Es ist bekannt, dass durch das Schmelzen des Eises Rohstoffvorkommen verfügbar werden, so dass aus den kargen Holzkonstruktionen stählerne Fördertürme werden könnten.


heiß

Findet sich in den Grönlandbildern das Zusammenspiel von Wasser, Erde und Luft, so widmen sich die Brandbilder der elementaren Gewalt des Feuers, das unmittelbar als schöpferische Kraft auf den Bildgrund gebracht wird. Die Künstlerin erhitzte verschiedene Eisengegenstände im Feuer und setzte die glühenden Körper direkt auf das Papier und die Leinwände, die abgelöscht wurden, so dass Ruß als Malmittel diente, teilweise brannte sich das Eisen durch das Papier. Synästhetisch lässt sich der bittere Geruch, der beim Ablöschen brennenden Papiers entsteht, in den einmaligen Brauntönen erkennen, die in genau jenem Kippmoment entstanden sind, in dem die vernichtende Kraft des Feuers durch die Hand der Künstlerin zu einem bildgestaltenden Mittel geworden sind. So lagern diese Bilder zwischen Zerstörung und Schöpfung.

Die aufgespritzten Flüssigkeiten, die explodierend aus den Hitzezentren in den Raum dringen, protokollieren das Löschen, bereichern die braunen Tonalitäten des Bildes und verstärken die gustatorische Wahrnehmung des Bitteren. Kaffee, Tee und Tusche trug die Künstlerin aufs Bild.

Wohlgefällig sind auch die Brandbilder nicht, sie lassen den Betrachter weniger die wärmende Funktion des Feuers bewusst werden, als die zerstörerische Gewalt, die erst durch die menschliche Kontrolle zu einem schöpferischen Element werden kann. In diese schöpferischen Kraft mischt sich ein Bitteres, ein Geschmack, mit dem man sich erst spät anzufreunden gewöhnt.

Robert Sorg



Waltraud Ehrlich-Schmidt

geboren in Jena

Studium und Arbeit als Lehrerin für Kunst und Philosopie / Ethik

künstlerische Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule Erfurt

zunehmend intensivere Beschäftigung mit Malerei und Grafik - autodidaktische künstlerische Weiterentwicklung

Leben und künstlerische Arbeit (vorwiegend Malerei / Grafik) in Closewitz bei Jena