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27.04.2010 - 06.06.2010 "color is a bridge"
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Unter dem Motto „color is a bridge“ beteiligt sich der Salon der Kuenste mit einer Bildausstellung am Karawane - Festival in Jena, einem interkulturellen Festival, welches auf die miserable Lage der Flüchtlinge und Migranten in Europa und Deutschland aufmerksam machen will.
Präsentiert werden drei Künstler aus Deutschland, Italien und dem Iran, welche sich jeweils auf ihre individuell und künstlerisch verschiedene Weise mit dem Thema auseinander setzen: Hamid Ashayeri (Iran/Deutschland), Rita Mascis (Italien/Deutschland) und Martina Hammel (Deutschland) verstehen ihre Werke als kritische Betrachtungen der oft doppelbödigen und zynischen Flüchtlingspolitik der westlichen Welt. Die Arbeiten von Hamid Ashayeri etwa entstanden angesichts eigener Eindrücke in einem Flüchtlingsheim in Ostwestfalen. Alle Kunstwerke vereint der Versuch, beim Betrachter Gefühle zu wecken, die über die Zurkenntnisnahme abstrakter Zahlen und politischer Rahmendaten hinaus führen. Sie verstehen sich als Anregung, sich mit der Frage nach Europas Grenzen auseinander zu setzen und die Aufmerksamkeit zu weiten, für eine Problematik moralisch äußerst fragwürdiger und individuell tragischer Reichweite, die sich täglich auf der Rückseite unserer Wohlstandsgesellschaft abspielt - und von unserer eigenen, wohl „versorgten Existenzweise“ zugleich mit produziert und verdrängt wird.
So gilt für diese Ausstellung, was der kritische Journalist Stefano Vastano jüngst über die ‚westliche‘ Wahrnehmung der Flüchtlinge formulierte. „Unsere [...] europäische Wirklichkeit mit den Augen und Worten der Illegalen zu sehen ist vielleicht das eindrücklichste Bild, das wir uns derzeit von uns selbst machen können“. Diese Funktion übernimmt hier die Kunst. Sie wirbt zugleich für Solidarität und den Respekt vor der Menschenwürde.
Doreen Stöckel
Martina Hammel wurde 1959 in Lauffen/Neckar geboren, studierte Informatik und lebt heute als Selbstständige im Bereich Webdesign, Programmierung und Malerei in Mainz.
Europa überschreitet tagtäglich die Grenzen der Menschlichkeit. Sei dies innerhalb der einzelnen Länder durch Anwendung restriktiver Migrationspolitiken oder an den äußeren Grenzen, bei dem Versuch der Abschottung gegen Flüchtlinge, der die Fluchtrouten immer gefährlicher macht. Aber auch die unwürdige Unterbringung in Lagern und Gefängnissen innerhalb Europas und an dessen Rändern gehört zu dieser Grenzüberschreitung.
Im vergangenen Jahr habe ich den Versuch unternommen, meine Auseinandersetzung mit den Grenzen Europas zu visualisieren. Meine Bilder sind Paraphrasen, Interpretationen von Photographien aus unterschiedlichen Medien. Für mich bedeutet dies, meine politischen Auseinandersetzungen in meine künstlerische Arbeit einfließen zu lassen.
In den Bildern versuche ich einen Ausdruck zu finden für die katastrophale Situation, eine Annäherung aus meiner Sicht auf das, was gesehen werden sollte. Die hier gezeigten Bilder beschäftigen sich mit der Situation von Menschen, die entschlossen sind, die Grenzen Europas zu überschreiten. Sie thematisieren Aufbruch, Scheitern, Tod, Hoffnung und Ankommen. Die farblich laute Malweise ist der Versuch, Sichtbarkeit und Erinnerung im Innern Europas – Deutschland –herzustellen. Gleichermaßen kann sie auch Ausdruck sein für Lebendigkeit und die Weigerung, im Elend zu verharren.
Mein Diskussionszusammenhang ist eine antirassistische Gruppe in Darmstadt, in der ich seit Jahren zuhause bin. Die Gruppe begreift sich als Teil des Netzwerks „kein mensch ist illegal“. Einzelne der Gruppe beteiligten sich auch an verschiedenen Aktionen der Karawane der Flüchtlinge und MigrantInnen, so auch vor 10 Jahren an dem Kongress in Jena „gemeinsam gegen abschiebung und soziale ausgrenzung". Die Bilder im Rahmen des Festivals der Karawane zu zeigen war daher in gewisser Weise naheliegend.
Hamid Ashayeri (2.v.l.) wurde 1976 im Iran geboren. Er besuchte die Kunstschule in Teheran, wo er das Hauptfach Grafik belegte. 1998 begann er das Studium in Teheran. Dort hatte er die Gelegenheit mit großen Meistern zusammen zu arbeiten und positive Erfahrungen zu sammeln. Für seine Werke erhielt er mehrere Auszeichnungen. Bis zu seiner Ausreise aus dem Iran unterrichtete er Kalligraphie in seinem Atelier in Teheran. Heute lebt er in Bielefeld.
Es könnte sein, das die Atmosphäre meiner Bilder düster erscheint. Sie besticht nicht mit lächelnden Gesichtern, mit tanzenden Linien oder mit entzückenden Farbspielen. Der Ursprung meiner Bilder ist das Thema, der Inhalt selbst. Wenn ich ein Bild anschaue, möchte ich, das es mir etwas gibt, mir eine Botschaft vermittelt oder Gefühle bei mir auslöst. Ich möchte in Kontakt mit dem Bild treten. Wenn ich keine Verbindung mit einem Bild oder mit einem anderen Kunstwerk aufbauen kann, gibt es kein Unterschied zwischen einem Bild und einer Tapete.
Meine Bilder sind erfüllt von Kritik und Protest gegenüber unserer Gesellschaft und so sind sie unzensiert auf die Leinwand gekommen. Sie wollen nichts beschönigen. Ich habe versucht, diese Kritik und diesen Protest gegenüber der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft meiner Gesellschaft mit folgenden Faktoren auszudrücken: Form, Farbe, Bewegung, Einsamkeit, Figur, Komposition, Gegensatz, Harmonie. Diese Mittel geben mir die Möglichkeit, meine Kritik besser und anschaulicher zu äußern. Aber inwieweit es mir gelungen ist, meine Gefühle auszudrücken, müssen die Betrachterinnen und Betrachter selbst entscheiden.
Seit dem Jahr 2000 beschäftige ich mich mit den Terrorkriegen der Nato, ohnmächtig vor Wut über die Kriege der Nato im ehemaligen Yugoslavien und Irak, und den Krieg von Frontex gegen die Flüchtlinge.
Im Jahre 2006 habe ich die Bilder "Willkommen in Europa" und "Hungermarsch" geschaffen - damit offenbare ich das andere Gesicht der Gewalt - das der Ausbeutung und der Grausamkeit der westlichen Afrikapolitik.
Die Flüchtlinge, die ohne Papiere aufgegriffen werden, werden in die Wüste deportiert. Und der Hungermarsch beginnt von vorne. Beide Arbeiten entstanden im Jahr 2006 und verweisen auf die Afrikapolitik der westlichen Welt. An der Festung Europa klebt Afrikanisches Blut, die Menschen werden Wirtschafts-Asylanten genannt. Der wahre Name ist moderne Sklaverei - ermöglicht durch illegale Migration.
Ich klage eine Männerwelt an, in der Gewalt das Mittel politischer und gesellschaftlicher Auseinandersetzung darstellt und sich so selbst erhält. Ich klage Staaten, Kirchen und Kapital als Dreifaltigkeit an, die Hass und Gewalt prinzipiell fördern, um ihre Dominanz abzusichern.
Kultur muss die Leitbilder verändern, damit wir diese Welt als Heimat aller verstehen und das Mittelalter endlich verlassen.
Einen kleinen Eindruck der Bilder liefert das Video von TiPs TV, im Auftrag von www.jena-saaleland.de